Ärztepfusch – Seltenheit oder Normalität?

Ein falsches Medikament, eine versäumte Aufklärung oder gar verwechselte Eingriffe – von ärztlichen Fehlern kann jeder betroffen sein. Umso wichtiger ist es, über die eigenen Handlungsmöglichkeiten in solch einem Fall Bescheid zu wissen.

Kennen Sie Ihre Rechte und Möglichkeiten?

Wenn der behandelnde Arzt einen Test anordnet oder eine Behandlung ansetzt, hinterfragen das die wenigsten Patienten. Zum einen liegt das Vertrauen in den Medizinern. Zum anderen kennt schlicht kaum jemand die gegebenen Rechte und Möglichkeiten. Viele Patienten wissen aufgrund fehlender Aufklärung noch nicht einmal, dass sie angeordnete Untersuchungen gänzlich verweigern können. Oder sind Sie schon einmal auf die Idee gekommen, einen Bluttest abzulehnen?

Das sollten Sie aber in Betracht ziehen, solange Sie die Gründe für die Tests nicht verstehen. Fragen Sie nach dem damit angestrebten Ziel. Machen Sie sich zudem klar, dass jede invasive Untersuchung ohne Ihr Einverständnis – sei es die Entnahme von Blut oder Haaren – den Tatbestand einer (potenziellen) Körperverletzung erfüllt. Sie müssen derartige Testungen also noch nicht einmal aktiv abwehren. Sofern Sie im Vorfeld nicht mündlich einwilligen oder ein entsprechendes Dokument unterzeichnen, werden Sie genaugenommen verletzt.

Aus diesem Grund müssen Ärzte und Kliniken eine umfassende Aufklärung betreiben – schon allein um sich rechtlich abzusichern. Hierin müssen vollständige Informationen bezüglich der möglichen Folgen, Komplikationen und Risiken des konkreten Eingriffs enthalten sein. Nutzen Sie dies für Ihre Sicherheit und scheuen Sie sich nicht, gezielt nachzufragen. Informieren Sie sich zudem über Ihre Rechte als Patient. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung klärt hierzu unter https://www.kbv.de/html/patientenrechte.php auf.

Information und Kommunikation: Der Weg zum mündigen Patienten

Wenn Patienten sich selbstständig informieren und durch Nachfragen bei Ärzten und medizinischem Personal rückversichern, erschaffen sie eine Kontrollinstanz für sich selbst. Einigen, auch Experten wie Eugen Brysch – Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz(1) – erscheint die Idee des gewissermaßen kontrollierenden Patienten „absurd“(2). Selbstverständlich darf diese Mitbeteiligung nicht als Übernehmen der Verantwortung verstanden werden. Verantwortlich sind und bleiben die Mediziner.

Scheuen sich Kranke nicht mehr davor Fragen zu stellen, kann die Kommunikation zwischen Behandelten und Behandelndem aber deutlich verbessert werden. Anderenfalls eventuell vernachlässigte Symptome beziehungsweise unerwünschte Nebenwirkungen fallen schneller auf, wenn Sie diesbezüglich nachfragen. Zudem kann Behandlungsfehlern und Verwechslungen vorgebeugt werden, wie das folgende Beispiel verdeutlicht:

Zwei Patienten mit gleichem Nachnamen liegen im Krankenhaus. Einer soll blutverdünnende Infusionen erhalten, der andere muss aufgrund einer bevorstehenden Operation dringend auf Blutverdünner verzichten. Durch Personalmangel und anstrengenden Schichten erfolgt die Verabreichung durch das Pflegepersonal zügig und hektisch. Schlimmstenfalls kann es hierbei zu einer Verwechslung kommen. Das darf und sollte nicht passieren – keine Frage. In der Realität ist dieses Risiko aber gegeben.
Ein informierter Patient, der fragt welches Mittel und warum er dieses erhält und zudem über das Verbot von Blutverdünnern aufgeklärt ist, kann sich hiervor jedoch schützen.

Voraussetzungen hierfür sind gleichermaßen mündige Patienten, respektvoller Umgang zwischen Medizinern und Kranken und eine funktionierende Kommunikation. Trauen Sie sich also, die Medikamentengabe vorerst zu verweigern, wenn Sie dazu keine Informationen erhalten. Lassen Sie sich nicht mit vagen Aussagen wie „Das wurde ärztlich verordnet.“ abspeisen. Bitten Sie um alternative Informationsquellen, beispielsweise Broschüren, um die Aufklärungsarbeit durch die Mediziner zu erleichtern – und Ihr Bewusstsein für deren Belastungsgrad zu signalisieren. Machen Sie sich zudem klar, dass Pfleger, Helfer und Ärzte extrem verantwortungsvolle Berufe ausüben und unter chronischem Zeitmangel leiden. Fragen Sie also gezielt, was unternommen und verabreicht wird und warum. Gibt es eventuell Alternativen, die sich anbieten würden und warum werden diese nicht genutzt? Vorbereitete Fragen sparen auf beiden Seiten Zeit und können Fehlern vorbeugen.

Zudem sind derlei Fragen eine gute Möglichkeit, die Güte der Betreuung zu testen. Fehlen die Aufklärung und Beratung oder werden Sie kurzangebunden zum Schweigen gebracht, sollten Sie dringend über einen Arztwechsel nachdenken.

Eine garantierte Verhinderung von Ärztepfusch erhalten Sie aber auch mit den Fragen und dem selbstständigen Informieren nicht. Daher ist es wichtig, im Fall der Fälle über weitere Möglichkeiten Bescheid zu wissen.

Wehren Sie sich: Ihre Möglichkeiten bei Ärztepfusch

Falsches Medikament, Verwechslung oder eine ungünstige Therapie – Behandlungsfehler können schwerwiegende Folgen haben. Schon dadurch ist es von entscheidender Bedeutung, dass Sie sich wehren.

Ist der Ärztepfusch auf allgemeine und länger bestehende Probleme zurückzuführen, wie Desinteresse oder Überlastung, erhält Ihr Vorgehen sogar noch eine gewichtigere Rolle für weitere Patienten.

Wurden Sie schlecht oder gar nicht aufgeklärt beziehungsweise falsch behandelt und ist daraus ein Schaden entstanden, sollten Sie sich also entsprechend wehren. Dazu stehen Ihnen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung.

Der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) überprüft Beschwerden und stellt Ihnen bei Bedarf einen Gutachter zur Verfügung. Zudem steht er Ihnen beratend zur Seite. Wenn Sie Behandlungsfehler oder gar einen verheerenden Ärztepfusch vermuten, können Sie sich über Ihre Krankenkasse an den MDK wenden. Dies gilt allerdings nur für gesetzlich Versicherte. Zusätzlich stehen Ihnen auch andere Stellen zur Verfügung. Darunter die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD)(3), der Deutsche Patientenschutzbund e.V. (DPSB)(4) und die Patientenberatung der Verbraucherzentrale(5).

Jedoch kann es selbst damit für medizinische Laien schwierig sein, Ärztepfusch nachzuweisen und die realistischen Chancen eines Verfahrens einzuschätzen. Suchen Sie sich daher kompetente Hilfe in Form eines Anwalts mit Erfahrung im Medizinrecht, wie die Weil Anwaltskanzlei. Durch die Konsultation des Rechtsanwalts können Sie Vorgänge beschleunigen, werden umfassend über Ihre Möglichkeiten sowie die nötigen Schritte informiert und müssen sich neben der Einschränkung durch den Ärztepfusch nicht zusätzlich mit juristischen Herausforderungen herumschlagen.

Bedenken Sie zudem, dass Sie der Gegenseite im Falle von Ärztepfusch oder Behandlungsfehlern – also Praxen, Kliniken oder Pflegedienste – ohne einen Medizinrechtler alleine gegenüberstehen würden. Die Konsultation eines entsprechenden Anwalts ist daher in jedem Fall sinnvoll.

Referenzen:

  1. https://www.stiftung-patientenschutz.de/stiftung
  2. https://www.op-online.de/hessen/aerztepfusch-kampf-angesagt-ratgeber-hessen-6723558.html
  3. https://www.patientenberatung.de/de
  4. https://www.dpsb.de/
  5. https://www.verbraucherzentrale.de/home