Wann braucht man eine Vollnarkose?

Alle sprechen von der Vollnarkose, nur haben Sie sich schon einmal Gedanken darüber gemacht, was mit Ihnen während einer Operation eigentlich alles passiert? Ein Anästhesist setzt mit Hilfe meist verschiedener Medikamente Ihr Bewusstsein außer Betrieb und unterbricht zusätzlich die Weiterleitung von Schmerzreizen. Deswegen nehmen wir bei einer Operation unter Vollnarkose weder bewusst war, was um uns herum passiert, noch was die Operateure mit unserem Körper machen.

Die Erfindung der Vollnarkose im 19. Jahrhundert hat sehr viel bewegt in der modernen westlichen Medizin. Ermöglicht sie es doch, sicher zu stellen, dass der Patient sich während des Eingriffs nicht bewegt und auch keine Schmerzen hat. Er fällt scheinbar in einen tiefen Schlaf und wird gezielt wieder aus diesem geholt, sobald die Operation beendet ist.

Dadurch ermöglicht diese geniale Erfindung es, dass selbst komplizierteste und langwierige Operationen an Patienten durchgeführt werden können. Dies hat vor allem in der Notfallmedizin zu Fortschritten geführt, an die zuvor niemand auch nur zu denken gewagt hat. Ihr ist zu verdanken, dass Blinddarmentzündungen ihren Schrecken genauso verloren haben, wie Operationen am offenen Herzen oder am Gehirn.

Die richtigen Medikamente im richtigen Maß

Nachdem der Patient genaustens untersucht und über seine Krankengeschichte befragt wurde, findet in der Regel ein aufklärendes Gespräch über die Operationsrisiken statt. Doch während in den frühen Tagen der Vollnarkose ein recht hohes Risiko bestand, aus dem künstlichen Schlaf nicht mehr aufzuwachen, beträgt das Risiko für stabile Patienten heute nur noch etwa 0,008%.

Damit dies auch gewährleistet ist, muss der verantwortliche Anästhesist, also der spezielle Narkosearzt, sehr viele Punkte abklären, bevor er sich für den optimalen Medikamentemix entscheiden kann. Dazu gehört regelmäßige Medikamenteneinnahme genauso, wie Rauchen, Suchtverhalten und bestehende Erkrankungen. Ferner ist für den Anästhesisten die voraussichtliche Dauer der Operation genauso wichtig, wie die Art des Eingriffs, der durchgeführt werden muss. Denn ihm obliegt die Verantwortung über die Entscheidung, welche Narkosemittel verwendet werden genauso, wie die Frage, ob dieses per Atemmaske oder als Infusion in die Venen verabreicht wird.

Außerdem muss der Anästhesist darüber bestimmen, ob zu der Narkose zusätzlich noch ein muskelentspannendes Medikament verabreicht werden muss, um die Operation zu ermöglichen. Häufig ist es sonst nämlich für die operierenden Ärzte nicht möglich, problemlos an den Ort des Geschehens zu gelangen, da Muskeln und Sehnen den Weg zum Operationsherd versperren.

Findet eine solche totale Entspannung der Muskulatur statt, ist es notwendig, dass der Patient mit Hilfe eines Tubus in der Luftröhre künstlich beatmet wird. Denn es ist momentan nicht möglich, nur einen Teil der Muskulatur lahm zu legen, ohne dass die Atemmuskulatur davon mit betroffen wäre. Bei kurzen Operationen kann aber auch schon eine Atemmaske die Luftzufuhr des gesunden Patienten sicher stellen. Über diese Atemmaske kann der verantwortliche Arzt dann bei Bedarf auch weitere Betäubungsgase zuführen, um die Narkose aufrecht zu erhalten.

So angenehm und sicher wie möglich

Die eigentliche Operation wird meist damit vorbereitet, dass der Patient sowohl ein leicht beruhigendes Medikament, als auch ein Übelkeit unterdrückendes Präparat erhält. Denn eine vorübergehende Übelkeit mit Erbrechen ist die am ehesten zu erwartende Nebenwirkung der Vollnarkose. Sie tritt bei etwa 10% der Patienten auf. Außerdem klagen etwa 10% der Patienten über Schmerzen im Hals mit Heiserkeit, was jedoch keine direkte Nebenwirkung der Anästhesie ist, sondern durch die mechanische Reizung durch den Beatmungsschlauch entsteht. In seltenen Fällen können durch die Vollnarkose Blutdruck- oder Herzrhythmusstörungen auftreten oder, vor allem bei älteren Patienten, auch Verwirrtheitszustände.

Für die Sicherheit des Patienten sorgt eine ständige Überwachung der Atmung, des Herz-Kreislaufsystems und der Blutsauerstoffsättigung. Ein venöser Zugang sorgt dafür, dass die Flüssigkeitsversorgung gewährleistet werden, notwendige Medikamente verabreicht oder auch starker Blutverlust ausgeglichen werden kann. Wertvolle Maßnahmen, die vor allem Unfall- und Verbrennungsopfern oft erst das Überleben möglich machen.

Auch ambulante Vollnarkose

Für kleinere Eingriffe und auch für Operationen, vor denen sich der Patient fürchtet, kann dank moderner, gut dosierbarer Narkosmedikamente häufig auch eine ambulante Vollnarkose durchgeführt werden. So ist es heute möglich, viele Eingriffe ambulant in der Klinik oder auch in der Arzt- und Zahnarztpraxis durchzuführen.
Nach der Aufwachphase, während der der Patient von Fachpersonal betreut wird, beurteilt der Arzt mit einigen Untersuchungen, ob der Patient entlassen werden kann.

Ein paar Vorsichtsmaßnahmen sind zwar zu ergreifen, aber in der Regel genügt es, wenn Sie nach einer ambulanten Operation die ersten 24h nicht alleine zu Hause sind und keine Zigaretten oder Alkohol konsumieren. Außerdem sollten Sie genauso lange nicht aktiv am Straßenverkehr teilnehmen oder eine Maschine führen.

Auch wenn für sehr kleine Kinder und hoch alte oder auch vorerkankte Menschen das Risiko einer Vollnarkose immer noch etwas höher liegt, zeigen die abertausende Operationen die täglich weltweit unter Vollnarkose erfolgreich durchgeführt werden, wie sicher dieses Verfahren heutzutage ist. Durch die Vollnarkose konnte im Laufe von mehr als einem Jahrhundert nicht nur abertausendfach Leben gerettet werden, sondern auch Operationen an mißgestalteten und entstellten Menschen durchgeführt werden, die deren Leben wieder lebenswert machten.